M. Schürpf: Louis & Louis Bechstein, Fotografen Burgdorf 1878–1956

Titel
Louis & Louis Bechstein, Fotografen Burgdorf 1878–1956. Schlossmuseum Burgdorf 3. Mai – 31. August 2003


Autor(en)
Schürpf, Markus
Erschienen
Murten 2003: Licorne
Anzahl Seiten
111 S.
Preis
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christian Lüthi, Universitätsbibliothek Bern

Louis Bechstein senior (1848–1923) stammte aus Württemberg. Nach einer Schuhmacherlehre betätigte er sich als Fotograf. 1877 kam er nach Burgdorf und übernahm dort im folgenden Jahr ein bestehendes Fotoatelier. Das Geschäft lief gut, Bechstein etablierte sich schnell im gehobenen Mittelstand und heiratete 1881 die Serviertochter Bertha Siegrist. Er bürgerte sich ein, nahm am Vereinsleben teil, was sich für das Geschäft günstig auswirkte. Bis 1904, als sein ältester Sohn ins Geschäft einstieg, hatte Bechstein 30 000 Aufnahmen gemacht. In den folgenden Jahrzehnten kamen nochmals so viele hinzu. Insgesamt verkauften Vater und Sohn Bechstein um die 300 000 Fotoabzüge. 1898 erreichte die Firma den Höhepunkt bezüglich der Fotoaufträge. Berufliche Konkurrenz und die aufkommende Amateurfotografie hatten einen allmählichen Rückgang zur Folge.

Louis Bechstein junior (1882–1956) machte eine Fotografenlehre und ging danach auf Wanderschaft, die ihn nach London und Paris führte. 1904 kam er nach Burgdorf zurück und trat ins väterliche Geschäft ein, das er modernisierte. Zudem plante er einen Neubau für das Atelier, den die Familie 1912/13 realisierte. 1923 starben die Eltern, der Sohn blieb Junggeselle und konnte daher den langsamen Umsatzrückgang des Geschäftes verkraften. Im Gegensatz zur Konkurrenz weigerte er sich, zum Fotohändler zu diversifizieren. Er blieb ein reiner Atelierfotograf alter Schule, der von zirka 400 Aufträgen pro Jahr lebte. Dank seinen Kontakten in Stammtischrunden, im Tennisclub und im Theaterverein war er in die Gesellschaft Burgdorfs integriert und konnte auf eine treue Stammkundschaft zählen. Personenporträts waren sein wichtigstes Arbeitsfeld, dazu kamen Fotografien von Gruppen, Vereinen und Schulklassen. Ausserdem arbeitete er auch für Firmen, der wichtigste Auftraggeber war der Landwirtschaftsmaschinenhersteller Aebi.

Der Erfolg der Fotografen Bechstein gründete in erster Linie auf der Qualität ihrer Aufnahmen. Bechstein war eines der führenden Fotoateliers im Kanton. 1886 war Louis Bechstein senior zudem Mitbegründer des Schweizer Photographen Vereins. Beide Generationen beschäftigten Angestellte und Lehrlinge und verfügten über eine professionelle Infrastruktur.

Der Band des Fotografiespezialisten Markus Schürpf begleitet eine Ausstellung im Schlossmuseum Burgdorf. Der Autor legt eine spannende Firmenbiografie vor, die das Schicksal von zwei Fotografen über 80 Jahre schildert. Schürpf zeigt zudem das Werk der Fotografen nach Gattungen: Personenaufnahmen, Ortsbilder und Ereignisse, Fotografien für Gewerbe, Handel und Industrie. Die Publikation ist weit mehr als ein schöner Fotoband zur Kleinstadt Burgdorf. Der Autor verortet die Firmengeschichte sowohl im lokalen Kontext als auch im Umfeld der internationalen Trends, welche die Fotografie kennzeichneten. Entstanden ist ein Werk, das dank ausgezeichnetem Text und sorgfältig ausgewähltem und reproduziertem Bildmaterial über Burgdorf hinaus interessant und spannend zu lesen ist.

Zitierweise:
Christian Lüthi: Rezension zu: Louis & Louis Bechstein, Fotografen Burgdorf 1878–1956. Schlossmuseum Burgdorf 3. Mai – 31. August 2003, Murten, Licorne Verlag, 2003. 111 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 4, Bern 2003, S. 225f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 4, Bern 2003, S. 225f.

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